Historischer Rückblick
0rtsgeschichte
In einem idyllischen Tal des Westerzgebirges, am Fuße des Auersberges, liegt
die ehemalige Bergmannsgemeinde Sosa. Die Herkunft des Ortsnamens liegt im
dunkeln. Möglicherweise geht er auf die im Erzgebirge siedelnden sorbischen
Wenden zurück, die mit „Sosau“ einen »Fichtenwald« bezeichneten.
Wahrscheinlicher jedoch ist, dass der Name der Ortschaft von dem bergmännischen
Begriff »sosen« stammt, da in den Zinnseifen der näheren Umgebung viel Zinn
»gesost« bzw. gefunden wurde. Der am Riesenberg entspringende, das Tal
durchfließende Sosabach – ein südlicher Zufluss der Zwickauer Mulde - ist
ebenfalls nach diesem alten Flurnamen benannt.
Um 1100 war das sächsische Erzgebirge ein unbesiedeltes Waldgebiet. Erste kleinere Niederlassungen entwickelten sich an den nach 1100 entstehenden Zollstationen der Passstraßen nach Böhmen. Während sich in der Folgezeit andernorts ins Land geholte Siedler aus Franken und Thüringen durch Rodung und bäuerliche Kolonisation der Waldgebiete bemächtigten, war im Westerzgebirge vor allem der Bergbau die treibende Kraft für die Besiedlung. Bereits 1168 hatte der Silberbergbau in Freiberg begonnen. Als geistiges und kirchliches Zentrum errichtete
Kaiser
Friedrich I. Barbarossa auf Bitten des Landesherrn, Markgraf Otto von Meißen,
und anderer Edler im Jahre 1173 das »Klösterlein Zelle“ (bei Aue) als
Augustinerchorherrenstift. Von diesem Kloster aus wurde um 1200 die Besiedlung
nach Süden in den Erzgebirgswald fortgetrieben. Außerdem wurde die Herrschaft
Schwarzenberg errichtet, zu der auch das Gebiet um Sosa gehörte. Bereits Anfang
des 14. Jh. gewann man in der Herrschaft Schwarzenberg Zinn, und zwar sowohl in
Zinnseifen als auch durch Zinnbergbau im festen Gestein. Um »Ybenstock«
(Eibenstock), das bis ins 17. Jh. die Pfarrgemeinde Sosas war, wurde in reichen
Vorkommen Zinn von besonders guter Qualität gewonnen. Daneben begann Ende des
14. Jh. auch Bergbau auf Eisenstein.
Neben dem Bergbau, der Landwirtschaft und der Viehzucht betrieb man in den
großen Wäldern um Sosa und Eibenstock die sog. Harzweide, d.h. das Harzen und
Pechen. Während der Hussitenkriege (1432-1450) wurden die Stadt Schwarzenberg
sowie die Umgebung von Eibenstock von Plünderern heimgesucht. Ein Übergriff auf
den Bergflecken Sosa ist jedoch nicht überliefert. Um 1530 gründete Andreas
Blau aus der Oberpfalz nahe Sosa die nach ihm benannte Ortschaft Blauenthal, um
dort eine Weißblechfabrikation einzurichten. Eisen und Zinn brachte der Bergbau
der Umgebung reichlich aus. Nach dem Übergang der Herrschaft Schwarzenberg in
kurfürstlich-sächsischen Besitz (1533/35) erhielt Blau vom sächsischen Kurfürsten
die Genehmigung für eine Blechhandelsgesellschaft, die außer mit Blech und
Draht auch mit Zinn, Wismut und Blei handelte. Seit der zweiten Hälfte des 16.
Jh. wurde verstärkt um Sosa Metall abgebaut. Die Blütezeit des Sosaer Bergbaues
lag zwischen 1650 und 1750. Während in den Seifen Zinn gewaschen wurde,
schürfte man in Stollen nach Eisen, Wismut und Kobalt. Dennoch gelangte der Ort
nie zu großem Wohlstand. Während des 3Ojährigen Krieges hatten schwedische
Truppen drückende Abgaben gefordert, und Naturkatastrophen wie Überflutungen,
Erdbeben und Feuersbrünste hemmten die wirtschaftliche Entwicklung Sosas. Als
gegen Ende des 18. Jh. nach und nach die Zechen und Seifen stillgelegt werden
mussten, passte sich die Bevölkerung den neuen Gegebenheiten an. Es etablierten
sich Arzneilaboranten und Olitätenhändler, die aus Kräutern Heilmittel
herstellten. Aus den Bergleuten wurden Landreisende. Mit ihren Buckelapotheken
verkauften sie ihre Produkte in ganz Deutschland. Allein der Abbau von
uranhaltigem Wismut wurde bis ins 20. Jh. weiter betrieben und erst seit der
»Wende« eingestellt. Die ehemals für den Bergbau und die Verhüttung wichtigen
Köhlereien konnten sich bis in die Gegenwart behaupten. Die waldreiche
Landschaft bietet für das Brennen von Holzkohle noch immer ausreichend
Rohstoff. Heute sind in Sosa die beiden einzigen Köhlereien des Westerzgebirges
ansässig. Von 1949 bis 1951 wurde südlich von Sosa als erstes sozialistisches
Jugendprojekt der ehemaligen DDR eine Talsperre im “Höllengrund“ errichtet. Der
Zweck dieser Talsperre war die Wasserversorgung von Aue und Umgebung und von
Zwickau. Heute ist Sosa eine Gemeinde mit 2.400 Einwohnern.
Die Geschichte der Kirche in Sosa
Im hohen Mittelalter sorgten Wanderprediger für die christliche Unterweisung
der Bewohner der Bergsiedlungen. Die predigenden Bettelmönche erhielten
Almosen, die sorgsam in Büchern verzeichnet wurden. So findet sich in einem
Almosenverzeichnis der Zwickauer Franziskaner aus Lößnitz
auch der Ortsname Sosa. Mit der Errichtung Pfarrei Eibenstock Ende des 13. Jh.
wurde das Gebiet des Bergfleckens Sosa dorthin eingepfarrt. Ende des 15. Jh.
errichteten die Einwohner ein kleines Holzkirchrein mit Dachreiter, das als
Beerdigungskapelle diente. Von dieser Kapelle ist nur bekannt, dass sie zwei
kleine Glocken hatte. Zur Messe ging die Gemeinde weiterhin nach Eibenstock.
Seit dem Jahre 1531 kam der Pfarrer von Eibenstock viermal jährlich nach Sosa,
um dort die Messe zu lesen, der Bergflecken war damit eine Filialgemeinde von
Eibenstock geworden. Nach der Einführung der Reformation in Sachsen im Jahre
1539 kam der Pfarrer alle drei Wochen nach Sosa. Dies berichtet auch das
Protokoll einer Kirchenvisitation aus dem Jahre 1555. Im Jahre 1616 wurde
das Holzkirchlein niedergelegt und an dessen Stelle aus Feldsteinen ein kleines
Kirchengebäude errichtet. Die mit den Spenden der Landesobrigkeit erbaute
Kirche konnte bereits im Jahre 1617 geweiht werden. Es handelte sich um einen
Saalbau zu vier Fensterachsen. Mit dreiseitigem Chorschluß, der einen hölzernen
Dachreiter trug. Eine Orgel erhielt man aus der Mutterkirche in
Eibenstock, und eine neue, schön gemalte Kanzel stiftete der
damalige Pfarrer Christian Mann. Die Kirche in Sosa war jedoch weiterhin eine
Filialkirche Eibenstock, in der seit 1619 dreimal im Monat gepredigt und das
Abendmahl
gespendet wurde. Erst im Jahre 1682 wurde in Sosa eine selbständige Pfarrei.
Der Ortsrichter, Georg Richter, der die Kirche in Sosa sehr gefördert hatte,
hinterließ nach seinem Tode 1664 der Gemeinde ein Legat mit der Bedingung,
einen steinernen Kirchturm zu errichten. Aber erst 1692 konnte mit dem Anbau
eines Turmes an das bereits bestehende Langhaus begonnen werden. Durch
ständigen Geldmangel verzögerte sich die Fertigstellung bis zum Jahre
1700.
Eine durchgreifende Renovierung des Kirchengebäudes nahm man im 19. Jh. vor.
Das alte Schindeldach wurde erneuert und der Außenbau neu gefasst. Die Anzahl
der Gemeindeglieder war seit dem Neubau im 17. Jh. gestiegen, so dass der
Einbau von Emporen nötig wurde. Diese Umgestaltung des Innenraumes erfolgte im
Jahre 1873. Das alte Gestühl wurde durch Frauenbänke ersetzt, die Männerbänke
auf der vierseitig den Raum umlaufenden Empore eingerichtet. An den Turm baute
man Treppenaufgänge zu den Emporen an. Die Kanzel wurde nun vor der Ostempore
errichtet und war von dort aus über einen Steg zu betreten. Darunter befand
sich der Altar. Diese Kanzel wurde jedoch im Jahre 1883 versetzt. Nach dem
Zweiten Weltkrieg erfuhr das Kircheninnere eine erneute Umgestaltung. Man
vergrößerte den Altarraum und hob sein Bodenniveau um zwei Stufen an. Die
Kanzel wurde in die Emporenbrüstung an der Nordseite eingebaut, und die Emporen
wurden neu gefasst. Weiterhin setzte man das Ostfenster des Kirchengebäudes zu.
Die Renovierungsarbeiten wurden mit der Neueindeckung des Daches Ende der 50er
Jahre abgeschlossen. Die letzte Innenrenovierung erfolgte nach 1990.
Baubeschreibung
Die Kirche liegt an der dem Lauf des Sosabaches folgenden Hauptstraße des
Ortes. Nördlich des Gotteshauses befindet sich auf ansteigendem Gelände der
Friedhof der Gemeinde. Das Langhaus ist durch Strebepfeiler und hohe schmale
Fenster gegliedert. Die rundbogigen Portale und Fenster sind mit einer
Steineinfassung versehen, wobei die Fenster unterhalb der Mitte durch eine
Strebe horizontal unterteilt sind. An der Südseite des Langhauses ist zwischen
dem zweiten und dritten Joch anstelle eines Strebepfeilers ein Portalvorbau mit
Walmdach angebaut. An der Nordseite der Kirche befindet sich im dritten Joch
der Sakristeianbau, Strebepfeiler fehlen dort. Das Langhaus hat ein hohes,
schiefer gedecktes Dach, das am dreiseitigen Chorschluss abgewalmt ist. Durch
einen an den ersten Strebepfeiler angebauten Torbogen gelangt man zum Turmbau
im Westen. Links und rechts des Turmes befinden sich zwei Treppenhausanbauten,
die jeweils mit einem Pultdach an den Turm angeschlossen sind. An der Westseite
des Turmes ist zwischen dem großen Rundbogenportal und einem darüber liegenden
Rundbogenfenster eine querovale Reliefplatte eingelassen. Zwei Palmwedel rahmen
“Schlägel und Bergeisen“, die Buchstaben G und V sowie die Jahreszahl 1692. Wem
die Initialen gehören ist nicht bekannt; dagegen bezeichnet die Jahreszahl 1692
den Baubeginn des Turmes. Während der Turm in seinen drei unteren Geschossen
einen quadratischen Grundriss hat, wird er durch dreieckige Wasserschläge am
Fuß der beiden Freigeschosse ins Achteck übergeführt. Bekrönt wird der Turm
durch eine achtseitige Haube mit Laterne.
Innenraum
Betritt man das Gotteshaus im Westen, gelangt man - an den Aufgängen zur Orgel
und zu den Emporen vorbei - in das Turmjoch mit Kreuzgratgewölbe. Von dort aus
betritt man den Kirchenraum unter der Westempore. Die bis an die gerade
Abschlusswand der Ostseite vorgezogenen Emporen bestimmen den gesamten
Raumeindruck. Sie unterteilen den Kirchenraum in zwei Abseiten, die einen hohen
Mittelraum von der Breite des Altarraumes flankieren. Die Emporen werden von
kurzen Pfeilern gestützt, die sich mit ihren eingestellten, gedrehten Stäben
über Postamenten erheben. Bedeutsam für die Raumwirkung ist die Lichtführung:
Während unter den Emporen von den langen Fensterbahnen direktes Licht in den
Kirchenraum einfällt, ist der obere Bereich durch die weit vorgezogenen Emporen
nur indirekt beleuchtet. Die flache verputzte Holzdecke, die ebenso wie der
gesamte Innenraum in schlichtem Weiß gehalten ist, reflektiert dieses Licht
jedoch ausreichend. Durch die modernen, leicht getönten Glasscheiben dringt ein
weiches, warmes Licht in den Kirchenraum.
Der
malerische Schmuck des Kirchenraumes ist allein auf die Emporenbrüstungen
beschränkt. In einer sehr stark verkürzten Symbolsprache ist ein vollständiger
christologischer Zyklus verbildlicht. Einzig das Bibelzitat im Fries des
Emporengebälks unterstützt die Aussage der Symbole. Die Inschrift beginnt im
Süden:
“Ein jeglicher sei gesinnet, wie JESUS CHRISTUS auch war, welcher ob er wohl in
göttlicher Gestalt war, hielt er's nicht für einen Raub, GOTT gleich sein,
sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward gleich wie ein
anderer Mensch und an Gebärden als ein Mensch erfunden er erniedrigte sich
selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuz. Darum hat ihn
auch GOTT erhöht und hat ihm einen Namen gegeben, der über allen Namen ist,
dass in dem Namen JESU sich beugen sollen aller derer Kniee, die im Himmel und
auf Erden und unter der Erde sind und alle Zungen bekennen sollen, dass JESUS
CHRISTUS der Herr sei, zur Ehre GOTTES, des Vaters. (Phil. 2, 5-11) “.
Die Symbole bezeichnen - ebenfalls von Süden beginnend - die Geburt Christi,
die Taufe Christi, die Bergpredigt, die Speisung der Fünftausend, das Gleichnis
von den törichten und klugen Jungfrauen, das Gastmahl in Bethanien mit der
Fußwaschung und das Abendmahl. An der Westseite: die Geißelung und Verspottung
Christi, die Dornenkrönung und die Kreuzigung. An der Ostseite; Christi Sieg
über das Böse, die Kreuzabnahme und
Grablegung, den Abstieg Christi in die Vorhölle und die Auferstehung Christi.
Auf der gleichen Seite - von der Kanzel unterbrochen: Christi Himmelfahrt und
Christus als Herr über das Universum.
Ausstattung
Der moderne Altar der Kirche wurde nach 1945 von einem ortsansässigen Tischler
geschaffen. An den Pfosten ist er mit einem geschnitzten Weinrankenornament, an
der Stirnseite der Mensa mit einem Kornährenornament verziert. Über dem Altar
hängt ein monumentales barockes Kreuz. Diese qualitätvolle Schnitzarbeit eines
unbekannten Meisters wurde 1966 neu gefasst. Der alte Schnitzaltar aus dem
Jahre 1646, befindet sich heute in der Sakristei. Der Altar wurde in einer
Schneeberger Schnitzwerkstatt angefertigt, die Inschrift an der Rückseite nennt
den Stifter: »SOLI DEO GLORIA . - Ich Georg Richter / Nunmehr bis dato 16. Jahr
ordentlicher Richter in dieser Christlichen Gemeinde Sosa / habe mit meinem
Weib Catarina 45. Jahr im Ehestandt gelebet / Gott hat uns aus seinem Segen 13
Kindlein / als 9 Söhnlein und 4 Töchterlein / gegeben / welchen allen ohn ein
Söhnlein die heilige Taufe wiederfahren ist auch nur eines nach den Sechswochen
in die Kirche getragen / die andern alle in Kindelbett wieder selig
verschieden. Weil ich solchen Ehesegen Gott dem Allmächtigen wiedergeben und
mir in meinem Bißlein Haußhaltung und Bergkwergk seinen leiblichen Segen
mitgetheilet / als habe ich zum Gedäichtniß zuförderst aber zu Gottes Ehre und
dieser Christlichen Kirche zur Zierde / dieses neue Altar von solchen Gottes
Segen verfertigen und aufrichten lassen...“.
Der ergreifende Text bezeugt die starke Gottergebenheit und tiefe Gläubigkeit der von zahlreichen Schicksalsschlägen heimgesuchten Menschen dieser Zeit. Leider ist der zugehörige Altarschrein nicht erhalten, so dass die ursprüngliche Anordnung der vielen Figuren nur anhand von Vergleichsbeispielen rekonstruiert werden konnte. Thema der Schnitzfigurengruppe im Schrein ist der Kalvarienberg. Den an das Kreuz geschlagenen Christus flankieren die beiden Kreuze mit den festgebundenen Schächern. Zu Füßen des Kreuzes Christi knien zwei Soldaten in antikisierenden Rüstungen auf einem Grassockel und teilen den Mantel des Gekreuzigten. Drei stehende Soldaten - in der Mitte Hauptmann Loginus mit der Lanze - beobachten diese Szene. Ebenfalls unter dem Kreuz stehend sind der Evangelist Johannes und die um ihren Sohn trauernde Maria anzuordnen. Zwei weitere Frauen, der Tradition zufolge Maria Magdalena und Maria Salome, stehen ebenfalls ergriffen unter dem Kreuz. Zwei posaune blasende Engel verkünden den Tod Christi und die Vollendung des Erlösungswerkes. Unterhalb der Darstellung des Kalvarienberges ist die Stifterfamilie anzuordnen. Links kniet Georg Richter in schwarzer Amtstracht mit großem Mühlradkragen, rechts seine Gemahlin Catharina. Die ebenfalls kniend dargestellten, früh verstorbenen Kinder des Ehepaares - es sind von den ursprünglich wohl 13 Figürchen nur 6 erhalten - sind mit Taufkleidchen bekleidet und halten in den gefalteten Händen eine Taufkerze. Ebenfalls zum Altar gehörig sind zwei weibliche Allegorien, die - da wesentlich größer als die Figuren des Kalvarienberges - vermutlich außerhalb des Altarschreines standen. Es handelt sich um Allegorien des eucharistischen Mahles mit den Attributen Kelch und Kornähren.
Nur an hohen Feiertagen in Gebrauch sind ein Paar Bergmannsleuchter aus dem Jahre 1678. Die Leuchter aus gegossenem Zinn bestehen aus einem verzierten Fuß mit der Stifterinschrift und einem Bergmann als Hauer in der Bergmannstracht der zweiten Hälfte des 17. Jh. Die Inschrift lautet: “MICHAEL UNGER SENIOR / VEREHRET IN DIE KTRCHE / ALHIR ZUR SOSA / DIESEN LEICH= / TER AM HEILI= / GEN CHRISTAG / DEN 25. DECEMBER ANNO 1678.“ Mit der rechten Hand hält der Bergmann den Kerzenteller, mit der Linken stützt er eine Erzmulde auf seiner Schulter. Der Bergmann ist bekleidet mit Kniehose, Kniebügeln, Strümpfen und Schnallenschuhen und trägt über dem Hemd einen Kittel. Das »Rutsch-« oder »Arschleder« ist ebenso wie eine Tasche und ein Messer am Gürtel befestigt. Die Fahrkappe trägt er über einem Kopffahrtuch. Derartige Leuchter aus Zinn erfreuten sich in Bergmannsgemeinden großer Beliebtheit.
Die Kanzel der Kirche wurde nach mehrfachen Umbauten in die Nordempore eingesetzt. Sie wurde entsprechend der Emporenmalerei mit Symbolen verziert: dem Kelch und dem Christusmonogramm XP über dem Auge Gottes. Die Taufschale aus Zinn stammt aus dem Jahre 1873. Der geschnitzte Ständer in Form eines Taufengels ersetzt einen alten Taufengel, den der Bildhauer Georg Tröger im Jahre 1641 geschaffen hatte.
Eine nackte Engelsfigur aus Stein trug über dem Haupt eine große Taufschale aus Weißblech und Messing. Die Bleche hatte der damalige Hammerherr aus Unterblauenthal gestiftet. In Anlehnung an diesen nicht erhaltenen Taufengel schuf im Jahre 1953 Franz Rädlein aus Weixdorf eine moderne Fassung. Im Altarraum hängen weiterhin zwei zwölfarmige Messingleuchter mit dem sächsischen Adler: links ein altes Stück, rechts eine moderne Kopie. In der Turmstube befindet sich ein im Jahre 1132 gestifteter Schrank für das Leichenornat, die Lade der Bergbruderschaft. Das Leichenornat bestand meist aus einem Kruzifix. Schilden mit biblischen Darstellungen aus Zinnguss, Messing oder Holz. Einige Sargschilde des Sosaer Leichenornates - geschnitzte, von Lorbeerkränzen gerahmte Reliefplatten - sind erhalten.
Auf einem der Sargschilde ist Christus mit der Siegesfahne dargestellt, der den Tod in Form eines Totengebeins überwindet. Über Christus ist in die Wolken die bisher ungedeutete Stifterinschrift »DADH HUS BDY« eingesetzt und unter dem Totengebein Jahreszahl »1733«. Ein weiteres Sargschild zeigt den auferstehenden Christus mit Siegesfahne und die Soldaten am Grab. Heute wird in dem Schrank, auf dem die Stifter des Leichenornates einzeln aufgeführt sind, die Bergmannstracht der Bruderschaft aufbewahrt, die von den Sargträgern bei Beerdigungen in Sosa getragen wird. Die Orgel der Kirche wurde im Jahre 1874 von Gotthilf Bärmie aus Werdau erbaut und verfügt über 2 Manuale und Pedal.
Die im Ersten Weltkrieg abgegebenen Prospektpfeifen wurden im Jahre 1924 durch Zinkpfeifen ersetzt. Im Jahre 1936 erfolgte dann eine Umdisponierung unter Beibehaltung des alten Bestandes. Erneut wurde die Orgel 1950 durch die Fa. Schuster in Zittau umgebaut. Dabei wurde sie in das Turmzimmer versetzt. Letzte Veränderung führte die Fa. Jehmlich aus Dresden durch. Die beiden kleinen Glocken, die sich ehemals im Dachreiter der hölzernen Kirche befanden, besaßen weder Umschrift noch Gussdatum. Sie wurden in den neuen steinernen Turm übernommen und eine große Glocke wurde dazu erworben. Im Jahre 1873 erwarb man neue Bronzeglocken, von denen jedoch zwei im Jahre 1917 abgeliefert werden mussten. Die dritte Glocke verkaufte man 1921. Die heutigen drei Stahlgussglocken der Fa. Schilling und Lattermann aus Apolda stammen aus dem Jahre 1919. Die Inschriften lauten: »Ein feste Burg ist unser Gott« , »Bete und arbeite« und »In Hoffnung froh«.
Würdigung
Die
evangelische Pfarrkirche zu Sosa ist ein beredtes Beispiel für die
Vorbildfunktion großer Sakralbauten in bescheidenem Maßstab. lm Hinblick auf
die obersächsische Bautradition zeigt sich dies an dem den großen Kirchenbauten
der näheren und weiteren Umgebung nachgebildeten architektonischen
Formenschatz. Wie die großen obersächsischen Hallen in Schneeberg und Annaberg
gliedern rundbogige Fensterbahnen und Strebepfeiler die Außenwand, wobei wie
dort die Fenster durch horizontale Streben unterteilt sind. Auch die
Architektur des Turmes erinnert an die Annenkirche zu Annaberg, sowohl den
Übergang vom Quadrat zum Achteck als auch die Form der Turmhaube betreffend.
Wie stark die christlichen Traditionen der bergmännischen Vergangenheit in der
Bevölkerung verwurzelt sind, zeigen die noch heute üblichen bergmännischen
Grabgebräuche, z.B. das Anlegen des Leichenornates bzw. der Bergmannstracht der
Sargträger zur so genannten »letzten Schicht«.
Verena Friedrich
Lileratur
Christian Lehmann, »Historischer Schauplatz derer natürlichen
Merckwürdigkeiten in dem Meißnischen Ober=Erzgebirge... «, Leipzig 1699
(Reprint, Stuttgart 1988). / Johann Paul Oettel, »Alte und Neue Historie Der
Königl.Pohln. und Churfürstl. Sächßl. freyen Berg=stadt Eybenstock, in
Meißnischen Ober=Erz=Gebürge... «, Schneeberg 1748, S.99-106. / »Geschichte des
kursächs. Bergfleckens Sosa im Meißnischen Obererzgebirge«, herausgegeben von
M. Chr. H. Hecht, Pfarrer in Sosa, Hof/Leipzig 1778. R.Steche (Bearb.),
Bau- und Kunstdenkmäler des Kgr. Sachsen, 8. Heft, Amtshauptmannschaft
Schwarzenberg, Dresden 1887, S 66 / D. Georg Buchwald (Hg.), Neue sächs.
Kirchengalerie, Ephorie Schneeberg, Leipzig 1902. / Blätter der Erinnerung.
Festschriften zum 300jährigen Bestehen der Kirche in Sosa im Erzgebirge von
Pfarrer Kurt Mielsch, Sosa 1917. / Siegfried Sieber, Die Erzgebirgische
Blechkompanie, Sächsische Heimatblätter, 3. Jg. Heft 3, 1957, S. 225-231. /
Herbert Clauß (Hg.), Das Erzgebirge. Land und Leute, Frankfurt 1967. / Manfred
Bachmann (Hg.), Der silberne Boden. Kunst und Bergbau in Sachsen, Leipzig 1990.
/ Helmut Wilsdorf , Die letzte Schicht. Bergmännische Grabgebräuche, Schneeberg
1994.
Herausgeber:
Ev.-Luth. Kirchenvorstand zu Sosa ( 1995 )